Tre piani / Drei Etagen
Nanni
Moretti hat mit DREI ETAGEN den Roman „Über uns“ des
israelischen Autors Eshkol Nevo verfilmt und die Handlung nach Rom
verlegt.
Krachend
beginnt der Film, mit einem spektakulären Autounfall: Plötzlich
steht ein Wagen nach wilder Irrfahrt im Arbeitszimmer eines
Wohnhauses und damit im Leben von drei recht gut situierten Familien,
die in diesem Haus wohnen. Ein Reigen aus Schuld und Verantwortung
wird in Gang gesetzt und wirbelt den Staub der Gewohnheit und
Sicherheit auf. Vor allem der Fahrer des Unfallwagens, ein junger
Mann, betrunken bei der Fahrt, muss sich den Folgen seiner Tat
stellen – es kam eine Frau zu Schaden. Auch für die Eltern des
Mannes, beide Richter, wird dies zu einer Zerreißprobe ihrer Ehe und
Elternschaft. Nanni Moretti spielt den liebevollen Ehemann und
knallharten Vater, der seine Frau zur unmenschlichen Entscheidung
zwingt, zwischen ihm und ihrem Sohn zu wählen.
Auch
in den anderen Etagen gibt es Probleme. Lucio aus dem Erdgeschoss
muss nun sein Arbeitszimmer wiederherrichten. Viel mehr beschäftigt
ihn allerdings die Frage, was im Park vorgefallen ist, als seine
siebenjährige Tochter mit dem dementen alten Nachbarn, der oft auf
sie aufpasste, umherirrte, weil beide nicht den Weg nachhause fanden.
Er steigert sich in seine Angst vor einem eventuellen Missbrauch
seiner Tochter hinein und verliert dabei jedes Maß und den Blick für
seine Mitmenschen. Da ist es eine willkommene Abwechslung, als sich
eine jugendliche Nachbarin sehr für ihn interessiert. Und dann ist
da noch die junge Mutter Monica, deren Mann die meiste Zeit außerhalb
Roms arbeitet, so dass sie ihr erstes Kind allein zur Welt bringen
und dann auch mehr oder weniger allein erziehen muss. Über ihr liegt
der lange Schatten ihrer Mutter, die psychisch krank ist, und auch
Monica beginnt Dinge zu sehen, die andere nicht sehen.
Moretti
filmt dies alles eher nüchtern, in oft starren und langen
Einstellungen, was einen Kontrast zu den heftigen Emotionen der
strauchelnden Figuren bildet. Moretti selbst sagt dazu, dass er mehr
an den Folgen der Krisen interessiert war als an den Krisen selbst
und er deshalb, im Gegensatz zum Roman, im Drehbuch zwei Zeitsprünge
von jeweils fünf Jahren eingefügt hat.
Der
Film, so Moretti, soll dazu auffordern, offen zu werden für die Welt
außerhalb unserer vier Mauern. Zu dieser Aufforderung passt die
Figur der Dora, bei der sich eine Emanzipation von ihrer
unterwürfigen Ehefrauenrolle zu einer eigenständigen Position ihrem
Sohn gegenüber abzeichnet. Auch die durch die Stadt tanzenden
Tangopaare am Ende des Filmes zeigen einen öffnenden Blick aus den
drei Etagen des Hauses und laden zu einer spielerischen Sicht auf die
Dinge ein.